Sei nicht so hart zu dir selbst
Wir sind so hart zu uns selbst:
Wenn wir nicht die Zustimmung bekommen, die wir uns wünschen – sei es im privaten Bereich oder beruflich. Wenn uns ein Fehler passiert ist, wir eine wichtige E-Mail oder Anruf vergessen haben, wenn wir unsere ToDos für die Woche nicht geschafft haben. Oder wenn das Leben nicht nach Plan läuft und wir zum Beispiel auf die Rückmeldung einer Freundin warten und diese nicht kommt – oder unser:e Partner:in sich mit einem Buch zurückzieht und nicht ansprechbar ist. Und natürlich, wenn uns jemand das Feedback zu etwas gibt, was seiner oder ihrer Meinung nach nicht so toll war … das ist nur eine klitzekleine Auswahl an Situationen.
Dann wird das „Selbstkritik-Programm“ angeworfen und nicht selten holt es zum Rundumschlag aus. Denn einmal in der Selbstkritikschleife, blendet unser Verstand gerne die vielen positiven Dinge aus.
Welche Situationen, Momente sind es bei dir, in denen du hart zu dir bist und dich selbst kritisierst und zusammenfaltest – mit Gedanken aus der Kategorie „Ich habe es falsch gemacht“, „Ich bin nicht gut genug“ „Siehst du, habe ich es doch gewusst, du bist einfach zu nichts zu gebrauchen“ ….. oder ähnliche.
Wir machen uns soooo fertig – oft für kleine und letztlich nebensächliche Dinge. Ist dir schon mal in den Sinn gekommen, dass du noch viele kleine (und wahrscheinlich auch größere) Fehler machen wirst? Einfach weil es gar nicht anders sein kann. Wir haben einfach Vieles nicht im Griff. Und das ist auch nicht das Ziel (obwohl wir uns immer wieder vorstellen, dass dann alles so viel schöner wäre). Das ist eine der Illusionen: Wenn wir nur hart genug an uns selbst arbeiten, würden wir es hinbekommen und keine „Fehler“ mehr machen.
Vielmehr geht es darum, uns wirklich akzeptieren zu können – auch und gerade mit unseren Schwächen und Fehler(chen).
Doch keinem ist damit geholfen, wenn du dich fertig und klein machst. Und am aller wenigsten dir selbst. Du zahlst mit Energie, womöglich mit gutem Schlaf, deine Leichtigkeit geht verloren und auch die Verbindung zu anderen Menschen wird dadurch gestört.
Deshalb ist es so gut, die Reise anzutreten und diese meist sehr alten Glaubenssätze aufzulösen und hinter dir zu lassen. Das Verrückte ist, dass du viel bessere und adäquatere Lösungen finden wirst, wenn du diese, deinen Lebensfluss blockierenden Gedanken hinter dir lassen kannst. Natürlich wirst du immer noch sehen, wo du etwas verbessern kannst, es geht hier nicht um Selbstherrlichkeit oder Selbstgerechtigkeit. Meiner Erfahrung nach führt es eher zu mehr klarer Begegnung mit unseren Mitmenschen.
Ein kleines Gedankenexperiment:
Stell dir vor, die Glaubenssätze – das mit dir etwas nicht stimmt, du nicht gut genug bist, andere dich nicht gut finden usw. – würden für einen Tag aufhören und du wärest total frei davon.
Wie würdest du dann durch dein Leben gehen? Wenn du magst, schließe für einen Moment die Augen und stelle dir das vor – wie in einem Film: Du hast die Hauptrolle. Und diese negativen Gedanken über dich gibt es nicht. Das heißt jetzt aber nicht, dass sie nicht empathisch sein darf oder total egoistisch ist – sie hat nur nicht diese Selbstzweifel, die an ihr nagen.
Bist du da? Wie fühlt sich das an? Wie gehst du auf andere Menschen zu, wie geht es dir, während du durch einen ganz normalen Alltag in deinem Leben gehst?
Kannst du da eintauchen? Wenn ja, diese kleine Übung zeigt dir neue Möglichkeiten. Du hast diese gerade erlebt. Nimm deine Erkenntnisse gerne mit in dein Leben und setze sie um.
(Du kannst diese Visualisierung auch immer wieder machen und in das positive Gefühl eintauchen. Das stärkt deinen Fokus auf deine Qualitäten und zieht ihn weg von selbstkritischen Gedanken).
Du kannst in dieses Bild nicht so eintauchen? Diese Gedanken kannst du nicht zur Seite schieben?
Das liegt daran, dass es sich meist um sehr alte Glaubenssätze handelt und alles was wir schon lange denken kann sehr hartnäckig sein. Es lohnt sich sie an der Wurzel zu packen und sie zu entmachten. Dafür möchte möchte ich dir die 4 Fragen von The Work ans Herz legen.
Für mich war und ist es eine sehr effektive und nachhaltige Möglichkeit, um meinen Selbstwert zu stärken … auch wenn es bei mir ein Weg war und nicht nur ein Fingerschnipsen.
Raus aus Drama und Selbstabwertung
Vor 20 Jahren ging es mir so:
Ich möchte dir eine kleine Geschichte aus meinem Alltag von damals erzählen.
Es ist Abend, unsere 3 Kids sind endlich im Bett …. Erwachsenenzeit … Mein Partner sagt: „Ich gehe dann mal aufs Sofa ein Buch lesen.“ Meine Vorstellung des Abends war aber reden, kuscheln und vielleicht auch mehr. Seine Reaktion: „Kann ich nicht einfach mal einen Moment für mich sein.“ Bäm!
Ich war sofort getriggert, sauer auf ihn und vor allem in meiner Selbstabwertung. Ich habe dabei gar nicht bemerkt, dass ich Dinge dachte wie „Ich bin nicht liebenswert genug, die Welt braucht mich einfach nicht … das wird nie besser“ – denn sofort stieg Ärger in mir auf und ich habe ein Drama abgezogen. Pampig lief ich durch die Wohnung, ich konnte es einfach nicht aushalten diese Gefühle von „er lehnt mich ab, ich bin nicht gut genug, ich bin es nicht Wert, was stimmt mit mir nicht?“
Mit diesen Gedanken der Selbstanklage lag es nahe, genau diese Gedanken über mich zu worken. „Ich bin nicht liebenswert“ zu worken hat zwar etwas Beruhigung rein gebracht aber das richtige Aha-Erlebnis hatte ich erst, als ich die Gedanken über meinen Partner aufgeschrieben und geworkt habe.
Das ist definitiv mein Tipp Nummer 1: Finde heraus, wer der Auslöser für deine selbstkritischen Gedanken war, und dann schreibe die Gedanken über diese Person auf – die bringen dich meist viel weiter.
Zurück zu mir an dem Abend vor ca. 20 Jahren. Das fiel mir schwer, denn auf der rationalen Ebene hatte ich ja Verständnis für meinen Partner und ich wollte ja auch nicht so gemein sein.
Bei Selbstkritik – die stressige Gedanken über den anderen aufschreiben:
„Ich bin stink sauer auf ihn, weil er mich abweist. Ich will, dass er offen und freundlich mit mir ist. Er sollte sich Zeit nehmen für mich und in Kontakt sein, er sollte nicht nur an sich denken. Ich brauche, dass er mir das Gefühl gibt geliebt zu sein, dass er mich wertschätzt und mit mir Zeit verbringt.“
Ich worke diese Gedanken: „Wie reagiere ich, wenn ich diese Gedanken glaube, wenn die aktiv sind?“ Einfach wütend, ich fühle mich hilflos und klein, wie als kleines Mädchen wenn meine Eltern nicht für mich da waren. Ich spüre den Wutanfall gegen mich und ihn gleichzeitig. Durch die Selbstablehnung verliere ich die Augenhöhe und kann nicht mehr in Verbindung gehen. Es fühlt sich so scheiß bedürftig an. Aus diesem Gefühl heraus ist wirklich Drama.
Die nächste Frage bei The Work ist: „Wer wärest du ohne den Gedanken?“ Ohne den Gedanken, er weist mich ab, kann ich die Szene völlig anders betrachten. Ich kann sagen, wie es mir gerade geht, ich bin innerlich ruhig, weil es nicht verknüpft ist mit der Vorstellung, ich bin ihm nicht wichtig. Dann begegne ich ihm natürlich auch nonverbal ganz anders, meine ganze Haltung – im wörtlichen Sinne – ist ganz anders. Es ist viel leichter das große Bild zu sehen, wie viele Momente des Miteinanders und Kuschelns es gibt … ich bin auf eine angenehme Art lösungsorientiert und kann mit ihm reden.
Zu erkennen, dass er mich nicht ablehnt und Beispiele zu finden, dafür brauchte es ein tiefes Eintauchen und Stille. Zu fühlen, wie sehr das ganze Drama damit zusammenhing, dass ich mich in solch einem Moment chronisch ablehnte – das war sehr schmerzhaft und dann heilsam.
Ich liebe es, dass wir mit dem Arbeitsblatt „Urteile über deinen Nächsten“ eben nicht nur einen Gedanken zu einer stressigen Situation worken, sondern viele verschiedene anschauen. Ein Satz mit Change-Charakter war vor allem dieser:
„Ich brauche das er mir das Gefühl gibt, geliebt zu sein.“ Nicht nur konnte ich erkennen, wie es ohne den Gedanken gerade gar kein Problem gibt. Er braucht halt gerade etwas Zeit mit sich und ich kann ihm auch sagen, ich brauche es mal zu hören, dass du mich liebst.
Die Umkehrungen hatten es in sich: „Ich brauche dass ich mir das Gefühl gebe, geliebt zu sein.“ Ja das macht Sinn für mich, das konnte ich sofort spüren. Indem ich mir all die Momente vor Augen führe, wo das so war. Indem ich in Verbindung gehe mit mir und mir zeige, was ich an mir mag, mich dafür öffne (ja das war nicht immer leicht und ist etwas zum Dranbleiben).
Der Knaller war die Umkehrung:
„Ich brauche, dass ich ihm das Gefühl gebe geliebt zu sein.“
Ja, ich brauche das, weil wenn ich das könnte, wenn ich das tue, dann fühlt sich das in mir verbunden und schön an, es nährt mein Selbstwertgefühl. Deshalb habe ich das als Experiment für eine Weile in den Fokus gestellt – definitiv ist mir das nicht immer gelungen – und das Dranbleiben hat es dann gebracht.
Tatsächlich hat es mir Freude gemacht – wenn ich authentisch dabei war und es hat meinem Selbstwert richtig gut getan. Der Nebeneffekt war zusätzlich, dass es leichter war auch das anzusprechen, was mir nicht gefällt und mich für meine Bedürfnisse einzusetzen. Der Weg zur klaren Kommunikation.
Du möchtest dich gut fühlen – so geht es
Die Neurowissenschaften belegen diesen Effekt: Ein Kompliment oder Lob, wenn es authentisch ist, auszusprechen (oder zu schreiben) löst beim Empfänger dieser Nachricht und beim Sender die gleichen positiven Gefühle aus und motiviert uns, verbessert das Kima usw. (Vorausgesetzt der Empfänger lässt diese Nachricht wirklich an sich heran – aber das ist eine andere Sache). Das gilt für den privaten Bereich ebenso wie für den beruflichen Kontext.
Was hält dich noch ab, deine Wertschätzung, deine Komplimente, dein Lob zu verteilen?
Es ist eine sehr gute Basis, um ehrlich im Austausch zu sein und auch die Dinge anzusprechen, wo wir uns etwas anders wünschen oder anders sehen.
ACHTUNG, es geht dabei natürlich nicht darum dir etwas auszudenken, was nicht stimmig ist und es geht auch nicht darum nur noch diese Seite von dir zu zeigen – ich würde sagen – im Gegenteil.
Ich bin gespannt wie deine Erfahrung mit Lob und Komplimente machen ist und wie es auf deinen Selbstwert einzahlt. Schreibe mir: thework@habibapierau.de.
Für Mindset change bin ich selbst zuständig
Rückblickend kann ich sagen: ich habe viele Jahre darauf gehofft, dass mich jemand anderes von meinen zweifelnden, negativen Gedanken über mich befreit und mir zeigt, dass ich gut genug bin. Heute sehe ich sogar, dass viele es versucht haben, aber nicht zu mir durchgedrungen sind – ich habe es entweder gar nicht wahrgenommen, es weggewischt und vor allem habe ich mit meinen selbstkritischen Gedanken durch diese Brille geschaut und Beweise gesammelt, dass es eben stimmt.
All meine Gedanken zu hinterfragen rund um die Situationen von Selbstkritik war das beste Mittel für meine Selbstliebe-Fähigkeit. Keiner konnte das für mich tun – diese Arbeit ist unser eigener Job.
Das inspiriert Dich? Probiere es aus und sei bei einer meiner Live-Coaching-Gruppen-Sessions mit dabei. Du brauchst keine Vorerfahrungen, diese Gruppen sind für alle die in die Kraft und lösende Wirkung von The Work eintauchen wollen.