Immer bin ich für alles verantwortlich!
… sagt Michaela, und sieht total frustriert aus. „Am schlimmsten ist es mit meiner Schwester und Mutter! Ich bin es so leid. Es fühlt sich an, als müsste ich immer noch etwas für sie tun. Sie laden alles bei mir ab.“
Das kommt dir bekannt vor? In diesem Blogbeitrag erfährst du, wie meine Klientin es geschafft hat, sich gut abzugrenzen und gleichzeitig gut im Kontakt zu sein mit ihrer Familie.
Immer bin ich für alles verantwortlich!
… sagt Michaela, und sieht total frustriert aus. „Am schlimmsten ist es mit meiner Schwester und Mutter! Ich bin es so leid. Es fühlt sich an, als müsste ich immer noch etwas für sie tun. Sie laden alles bei mir ab.“
Die Verantwortung rüber geschoben zu bekommen und sich nicht dagegen wehren zu können, mit diesem Thema ist Michaela nicht alleine. Es ist eines der „Dauerbrenner-Themen“, die oft im Coaching und den Beziehungs-Seminaren vorkommt.
Und fast immer ist es ein ganz, ganz altes Thema, das sie seit ihrer frühesten Kindheit kennen. Jetzt ist Zeit für was Neues! Lass uns also die Glaubenssätze, die zu diesen „alten Problemen“ gehören, zu Tage fördern und lösen.
Die anderen sollen aufhören mir die Verantwortung rüber zu schieben – oder?
„Ich mag mich gar nicht mehr mit meiner Mutter und meiner Schwester treffen oder mit ihnen telefonieren – immer beklagen sie sich bei mir und schieben mir die Verantwortung für ihr Leiden zu. Ich will einfach, dass ich so sein kann, wie ich bin und mich nicht immer für sie verbiegen müssen.“
Ich sehe an ihrem Gesichtsausdruck, wie traurig und resigniert sie ist und bitte sie, konkret zu erzählen, was passiert ist: „Am meisten belastet mich, dass meine Schwester mich immer sofort triggert. Vorgestern am Telefon: Ich habe mir extra einen Ruck gegeben und sie angerufen – und was kommt! Wieder so ein doofer Kommentar, der voll reinhaut bei mir. Sie weiß es immer besser und will mich einfach anders haben. Am liebsten hätte ich sofort wieder aufgelegt.
„Was ist denn der größte Schmerz daran?“, frage ich nach. Es schießt aus ihr heraus: „Sie treibt mich in die Enge und will mich nur manipulieren.“
Der Schlüssel liegt schon in dir
Vielleicht geht es dir wie meiner Klientin (ich kenne das jedenfalls ziemlich ähnlich auch aus meinem früheren Leben), dann kannst du die nachfolgende Work gleich mitmachen.
Wir steigen gleich in The Work ein. „Deine Schwester treibt dich in die Enge, ist das wahr?“ „Ja das ist absolut wahr“, antwortet Michaela. „Und dann bin ich voll im Hamsterrad von Selbstvorwürfen: Ich habe es wieder falsch gemacht, ich habe wieder zu viel Angriffsfläche geboten, immer mache ich alles falsch. Das fühlt sich richtig fies an, und da ist dieser uralte Gedanke: ‚Ich muss wohl zurechtgestutzt werden.‘ Ich erstarre innerlich, ich kann mich nicht mehr bewegen und auch nichts mehr sagen.“
Ich frage sie, wie alt dieses Hamsterrad aus Glaubenssätzen und Gefühlen ist. „Wooow, krass das ist uralt – gefühlt seit meiner Geburt!“ Wir forschen weiter: „Wie wirkt sich das aus? Wie bist du dann deiner Schwester gegenüber?“ „Ich will sie nicht mehr, ich will dann KEINEN Kontakt mehr!“
„Wenn das schon so alt ist, schau mal, was würde denn das kleine Kind in dir tun wollen?“ „Ich bin sooo wütend, ich will schreien und mit den Füßen trampeln…“ Ich lade sie ein, das jetzt in diesem Moment zu tun und das, was sie schon immer mal rauslassen wollte, auch rauszulassen. Sie tut es und ist sichtlich erleichtert.
Wiedererleben bringt Klarheit
Michaela erlebt die Situation wie in Zeitlupe wieder. So wird ihr bewusst, was in der realen Situation am Telefon innerhalb von Bruchteilen von Sekunden wirklich passiert ist. Jetzt im Rückblick kann sie diese Gefühle bewusst da sein lassen und sie anerkennen – das ist ein wichtiger Schritt und quasi der Schlüssel, damit eine neue, konstruktivere Betrachtungsweise eingenommen werden kann.
Zurück zur Verbundenheit
„Michaela, wie wäre es, wenn du deine Schwester am Telefon hörst und du könnest diese ganze Geschichte ‚Sie treibt mich in die Enge‘ nicht glauben, nicht mal denken? Wie wäre das?“ „RUHIG in mir. Ich bin mit mir verbunden, atme genauso entspannt wie vor dem Telefonat, und ich kann ihr jetzt zuhören. Ich bemerke gerade: Vorher habe ich nur so getan und mich innerlich gerechtfertigt und dann bin ich in den Angriff gegangen. Jetzt ist es total einfach und ich bin überhaupt nicht im Zugzwang. Ich fühle mich auch gar nicht mehr verantwortlich für sie. Ich fühle mich wie ein richtig schöner großer Fels in der Brandung – das fühlt sich so gut geerdet an.“
Diesen Moment bei The Work liebe ich, denn In diesem Moment macht Michaela eine neue Erfahrung mit ihrer Schwester. Unserem Gehirn ist es nämlich egal, ob wir etwas „real erleben“ oder „nur in unserem Inneren“. Ich frage weiter: „Wie wäre denn dein ganzes Leben ohne diese Geschichte?“ „Ich springe nicht mehr auf solche Sätze bei anderen Menschen an, sondern kann gelassen zuhören und bin ganz neugierig. Dann brauche ich mich ja auch nicht mehr vor ihren Angriffen schützen. Also, ich gehe dann leicht durchs Leben und bin ich.“
Ab jetzt kann Michaela auf diese „neue“ Erfahrung ganz real zurückgreifen.
Aha-Erkenntnisse mit den Umkehrungen
Lass uns deinen ursprünglichen Gedanken umkehren: „Ich treibe mich in die Enge – Ja genau, das ist absolut wahr!“ Es fällt Michaela wie Schuppen von den Augen: „In dem Moment sehe ich innerlich diese Bilder und bin ganz in meinem ‚verletzten inneren Kind‘ gefangen. Damit treibe ich mich in die Enge, da braucht meine Schwester gar nichts mehr tun. Ein weiteres Beispiel, wie diese Umkehrung wahr ist: Ich kann auch gerade sehen, dass es komplett meine Idee ist, dass sie mich anders haben will.“
Wir sehen uns noch eine weitere Umkehrung an: Meine Schwester treibt mich nicht in die Enge. „Ja das ist mir jetzt sonnenklar. Ich selbst ziehe diese Schlussfolgerung! Meine Schwester sagt mir nicht, dass ich mich ändern soll, sie bringt halt einen Spruch, vielleicht weil sie sich nicht verletzt zeigen will. Ich kann sogar gerade sehen, dass die Umkehrung „Ich treibe meine Schwester in die Enge“ wahrer ist. Denn in der Situation sage ich ihr, dass ich mich von ihr immer wieder angegriffen fühle.
Am Ende des Einzel-Coachings hat Michaela dann sogar noch eine kleine „Handlungsanleitung“ mit nach Hause genommen, die aus der Bearbeitung der weiteren Glaubenssätze kam: Damit sie diesen Shift auch weiterhin aktiv umsetzen kann, hat sie ein Bild von ihrem Fels in der Brandung gemalt und dieses dann wie eine Ziel-Collage an ihren Küchenschrank gehängt – als Erinnerung, immer wieder in dieses Gefühl zu gehen, dass mit ihr alles richtig ist!
Und hat es Michaela wirklich geholfen? Beim nächsten Coaching einige Wochen später erzählt sie begeistert: „Diese Work mit dir war für mich der Game-Changer!“ Seit dem kann ich gerade meiner Mutter und Schwester viel besser zu hören. Ab und zu gibt es so einen kleinen Moment, in dem das alte Gefühl wieder hochkommt … Du weißt schon: dass ich verantworltich bin … und dann ist es wie ein „Weckruf“. Es ist fast schon witzig und ich kann es sofort wieder sein lassen.